SüperbWoman Bettina

Ab jetzt werden bei Süperb immer mal verschiedene Frauen in der Rubrik SüperbWomen vorgestellt. Falls Du Lust hast auch einmal dabei zu sein, schreibe mir gerne eine Mail an klara@sueperb.de

Die Fotografin Liv und ich (Klara) treffen Bettina an einem Vormittag im September am Museumshafen Övelgönne in Hamburg. Im Gespräch wird schnell klar, obwohl Bettina nicht in Hamburg wohnt, verbindet sie doch einiges mit der Stadt.

In diesem Gespräch geht es unter anderem auch um Esstörungen und Stalking.

Hej Bettina, was machst Du wenn Du nicht gerade fotografiert wirst?
Ich arbeite hauptberuflich im Bereich irgendwas mit Medien. Und das ist eine Arbeit die ich sehr liebe, weil es immer wieder neue Projekte sind, neue Dinge, die ich mache, mir auch manchmal erst selbst aneignen muss. Gerade bin ich sehr dabei, Skillshare Pinterest Kurse zu machen. Es ist schön, wenn man immer Projekte hat, die einen klaren Anfang und ein klares Ende haben und man selbst für sich sehen kann, wo gerade die Prioritäten liegen und so hat sich auch in den letzten Jahren und auch durch Corona meine Arbeit sehr verändert. Ich schreibe für zwei Blogs, ich habe einen Podcast gerade in Vorbereitung, ich habe auch noch letztes Jahr Bücher geschrieben, die ich jetzt endlich mal veröffentlichen kann und ich illustriere sehr gerne und stehe auch gerne hinter der Kamera. 

 

Ohne was kannst Du momentan nicht leben?
Natur. Früher bin ich für die Arbeit viel durch die Gegend gereist und habe gemerkt während des Lockdowns letzten Jahres, dass dahinter sehr viel Bewegungsdrang steckt. Und es ist einfach so viel schöner in einem Wald, der süßlich nach Beeren riecht spazieren zu gehen als an einer Hamburger Hauptstraße, sorry Leute

Was ist Dir wichtig bei Kleidung?
Die erste Priorität: es muss bequem sein, es darf nicht rutschen, es darf nicht zwicken. Ich muss mich daran wohlfühlen. Es darf kuschelig sein. Und ich möchte auch, dass man an meiner Kleidung erkennt, welche Art von Bettina ich gerade bin. Es gibt die Business Bettina, die mit Blazer durch Hamburg geht und man einfach weiß: die hat jetzt einen Termin mit jemanden und möchte professionell wirken. Es gibt die Cottage Core Ästhetik Bettina, sie barfuß in flatternden Kleidern durch den Wald hopst. Und natürlich gibt es auch die Bettina, den ganzen Tag ungeschminkt in ihrem Sportoutfit durch die Gegend rennt. Kleidung ist für mich so viel mehr als nur etwas, was ich trage, es ist identitätsstiftend, es gibt mir Sicherheit, es gibt mir das Gefühl, dass ich mich ausdrücken kann. Und es gibt so gut wie kein Teil in meinem Kleiderschrank, dass ich nicht liebe. Viele Frauen haben das Problem, dass sie sagen, sie haben nichts anzuziehen, ich habe gegenteilig das Problem, dass ich alles eigentlich am liebsten sofort tragen möchte.

Wie bist Du zum Thema Selbstliebe gekommen?
In meiner Jugend habe ich abgenommen und das war nicht die Happy End vorher nachher Geschichte, sondern der Beginn von einer Dekade Orthorexie, Anorexie, zeitweise auch Sportanorexie. Aber es war halt damals so normal in unserer Gesellschaft, dass man einfach krasse Dinge getan hat, damit man einen schönen dünnen Körper hat. Irgendwann mit Mitte 20 hatte ich einen kompletten Zusammenbruch, sowohl körperlich als auch mental. Dieser Tiefpunkt war notwendig. Weil ich erkannt habe, wie krass ich eine Dekade lang meinen Körper wie ein Feind behandelt habe und dass mein Körper jetzt einfach sagt: Kein Bock mehr. Also habe ich Therapie gemacht, ich war viel im Krankenhaus ich war viel krank, ich habe viel im Bett rum gelegen, weil mein Körper sagte: "ich weiß, du willst keine Pause machen, du willst weitermachen wie bisher. Aber nichts da, ich zwinge Dich dazu, Pause zu machen. "
Hinzu kam die Geschichte, dass ich gewalttätige Beziehungen hatte, dass ich Probleme mit Stalking hatte, dass ich mich nicht sicher gefühlt habe und das alles loszulassen und mich als Mensch als wertvoll zu achten, auch, wenn ich nicht produktiv bin, unabhängig von Lob oder Tadel von anderen... Das war der Beginn meiner Selbstliebe Reise und sie dauert bis heute an.

Was ist für Dich eine Süperb-Woman?
Jede Frau, die ihren Weg geht und die für sich auf der Reise ist, sich selbst zu lieben, ihren Körper dankbar zu sein, sich selbst in Kleidung tragen zu wollen und zu sagen: ich will mehr als das oversized Band Shirt von meinem Freund, ich will mehr als die immer gleichen Schnitte tragen, wo mir gesagt wird: "Das sieht zwar gerade aus wie ein Kartoffelsack, aber Sie können ja ein Gütel drum machen, dann ist es schön." 
Eine Süperb-Woman kennt ihren Wert und möchte bequeme und gleichzeitig auch schöne Mode, sie macht keine Kompromisse, sie versteckt nicht ihre Kurven und sie ist es sich wert. 

Wie sieht für Dich ein perfekter Tag aus?

Ich starte morgens zum Sonnenaufgang mit einem leckeren Gericht, vielleicht so etwas wie Rührtofu mit Schnittlauch und Kirschtomaten oder vielleicht esse ich auch Schoko Pudding Oats oder einen Apfel Banane Zimt Porridge. Auf jeden Fall etwas wärmendes und ein bisschen Basis für den Tag. Dazu gibt es Tee und Kaffee, weil warum Kompromisse machen? Ich kann beides haben und ich brauche beides. 

Anschließend geht es in den Park oder in den Wald, Hauptsache Natur. Vielleicht mache ich eine kleine Fahrradtour oder vielleicht mache ich auch einfach nur einen kleinen Spaziergang.Und dann arbeite ich, hab spannende Projekte. 

Und weil wir beim perfekten Tag sind, fahren wir definitiv noch ans Wasser und machen Fotos und Videos in Schillig und haben als Proviant leckere Süßkartoffelwaffeln von Snackwunder oder was leckeres von Veggiemaid dabei. An diesen perfekten Tag ist es windig, ein bisschen wolkig, aber insgesamt doch sonnig und man kann wunderbare Aufnahmen machen. Bevor meine Mutter dann wieder geht, holen wir uns noch einen kleinen Kaffee bei Käthe im Core Foodcourt. 

Und dann guck mal mal wie das Wetter ist und geht eventuell normal nach draußen zum Arbeiten in den Tag oder bleibt auch einfach drinnen mit Kerzenschein und Tee. Und ja, ich bin ein sehr langweiliger Mensch, ich gehe spätestens um 22 Uhr oder 23 Uhr ins Bett, weil ich ein Mensch bin, der gerne den Sonnenaufgang erlebt. Und ich liebe es, mit der Sonne aufzustehen und schlafen zu gehen.

Was verbindest Du mit Hamburg?

Das wird jetzt eine lange Antwort. Hamburg ist eine sehr ambivalente Stadt für mich. Alle aus dem Umkreis von Cuxhaven, wo ich aufgewachsen bin, wollten natürlich nach Hamburg oder Berlin. Andersrum bin ich auch mit einigen Leuten aufgewachsen, die nach der Wende ins Elbe-Weser-Dreieck gezogen sind. Und die haben halt das Landleben hier gefeiert.

Mit meiner Mutter war ich sehr oft einkaufen und habe halt Hamburg kennengelernt als die Stadt, wo man alles bekommen kann. Also ganz anders als auf dem Dorf. Ich kenne mich besser als die meisten meine Freundinnen aus Hamburg aus im Bereich große Bleichen und Gänsemarkt. Hamburg war für mich dieses schöne Konsum Stadt, später in der Jugend habe ich dort coole alternative Klamotten bei Colors bekommen. Und mein Vater hat seine Lehre in Hamburg gemacht und hat auch später sehr viel in Hamburg gearbeitet als Telekommunikationstechniker. Von ihm kann ich die Geschichten aus den Siebzigern, er hat quasi direkt neben der Reeperbahn gewohnt. Hamburg zu besuchen war immer eine Art von Spannung, ich habe immer wieder neue Dinge entdeckt, geht immer wieder tolle Orte, die man noch nicht kennt. Die man faszinierend findet.

Ich als in Cuxhaven geborene muss jetzt sagen, man hat doch nicht so die beste Meinung von Hamburg, sorry. Wenn ihr mal das Wort Pfeffersäcke aufschnappt, tja... Elbvertiefung und ähnliches sind halt wirklich sehr halt die Themen in meiner Heimat.

Und das macht meine Beziehung zu Hamburg sehr komplex. Ich liebe an Hamburg, dass es so vielseitig ist. Dass ich mit den Pfadfindern in meiner Kindheit mit dem Bus am Harburger Bahnhof losgefahren bin und dann waren wir plötzlich mitten in der Stadt mitten auf dem Feld und haben Reitwochenende irgendwo hinter Bahrenfeld gemacht. Und es gibt diese Tage, wo ich Hamburg einfach hasse. Wo Hamburg heiß und grau und Beton ist und ich mir einfach nur denke: was mache ich hier? Wenn es irgendwie möglich ist, das fasse ich mir ein Herz und fahre an einen schönen Ort in Hamburg und dann ist mein innerer Konflikt auch schon wieder vergessen.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

Alle Fotos sind von Liv Plotz

Hier kommen noch Hamburg-Tipps von Bettina:

  • Dieser bestimmte Aussichtspunkt in der Nähe von HafenCity, wo öfters mal Leute aus Hamburg mit kleinen Wohnungen mit dem Auto hinfahren, um ein bisschen horizontale Zeit mit ihrem Partner zu haben. Dort kann man super Fotos mit Blick auf die Elphi machen

 

  • Happenpappen, in der Nähe gibt es Hermetic Coffee Roasters.  Allgemein ist einfach für mich die Schanze Punkrock pur und in der Rindermarkthalle gibt es einen sehr guten Stückgut laden, da habe ich so viele Sachen gekauft bevor es bei mir in meiner Stadt einen Unverpacktladen gab

 

  • Planten un Blomen, natürlich die japanische Ecke, ich könnte am liebsten dort immer Fotos machen. Aber nicht vergessen, bitte keine kommerziellen Fotos und in dem Treibhaus dort kann man auch keine Fotos machen. Wenn ihr eher Fotos machen wollt, dann geht lieber ins Treppenviertel oder an den Elbstrand oder wie hier bei diesem Shooting zum Museumshafen in Övelgönne

 

  • Komponistenquartier, Chilehaus, natürlich die Handelskammer und das Rathaus, ich meine das ist Bloggergold für Outfitfotos. Und natürlich auch die Speicherstadt und HafenCity. Ich liebe an der HafenCity, dass es so viele Möglichkeiten gibt, sich irgendwo hinzusetzen mit einem Getränk oder einem Franzbrötchen und bisschen zu chillen.

 

  • Am Jungfernstieg auf die Balustrade setzen in Richtung Binnenalster. Mein Ding war es in meinen wilden 20ern, mir ein Smoothie und ein Franzbrötchen in vegan zu holen.

 

  • Gyoza essen bei Kokomo Noodle Club. Und HVV Fähre am Samstag fahren und von irgendjemanden aus Hamburg erzählt bekommen, dass früher alles besser war.